Aus der Geschichte von Oberbösa
(entnommen dem Begleitheft zur 1200jahrfeier des Ortes Oberbösa)

Oberbösa scheint den Namen von einer Familie von Besa, welche den Ort in alten Zeiten besaß, erhalten zu haben. Es gibt jedoch auch eine ethymologische Auslegung der Herkunft, die sich auf "besamo busc" bezieht, und soviel wie vom Fluß, dem Bach, dem Brunnen, aus dem Gebüsch kommend, vom Berg, mit Gebüsch bewachsen, bedeutet. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahre 786 n. Chr.. Die Abtei Hersfeld weist in einer Urkunde ihre Besitzverhältnisse in Bysaho nach. Die Schreibarten des Ortes Oberbösa sind nämlich seit dem 8. Jahrhundert: Bysaho, Bysoha, Bösoha, Bisa, Besa und schließlich Bösa. Im Jahr 839 bestätigt Kaiser Ludwig, daß von seinem Sohn Ludwig dem Kloster zu Fulda das Dorf Boesoa gegen Überlassung anderer Ländereien zugeeignet wird. 1278 wird Luterus de Beosa erwähnt und 1294 verkauft Frau Hedwig von Sangerhausen dem Kloster Capelle eine Hufe Land, gelegen superiori Besa. In der Zeit der Reformation gehörte Oberbösa, ebenso wie Frömmstedt, unter das Kloster Bonnrode. Beide Ortschaften mußten dahin Frondienste leisten. Oberbösa am Südhang der Hainleite gelegen, weist eine sehr wechselvolle Geschichte auf. Nach der Reformation war der Ort chursächsich, fiel 1656 an die sächsiche Fürstenlinie von Weißenfels, gehörte dann wieder zu Chursachsen und kam 1813, nach der Schlacht bei Leipzig, unter russisch- preußische Administration und wurde 1815 mit dem ganzen Amte Weißensee an Preußen übergeben. Manche Unglücksfälle haben den Ort im Laufe der Jahrhunderte betroffen. In den Jahren 1692,1747,1753, 1759, 1767 und 1771 wurde er durch hohe Wasserfluten heimgesucht. Feuersbrünste habe zweimal und zwar 1726 und 1827 stattgefunden, bei denen je ein Bauernhof niederbrannte. Im Jahre 1768 wurde in der Fastenzeit ein Erdbeben beobachtet, welches besonders in Tennstedt heftig gewesen sein soll, und bei dem im benachbarten Ort Trebra die Schwankungen so stark gewesen sein sollen, daß die Glocken des Kirchturmes anschlugen. Vom Jahre 1820 wird eine so gewaltige Dürre gemeldet, daß sie den Hardtenbrunnen austrocknete, und der Winter des Jahres 1821 ist so warm gewesen, daß bei Oberbösa zu Weihnachten Veilchen und Himmelschlüsselchen blühten. Im Jahre 1656 waren die Früchte wohlfeil, dagegen herrschte im Jahre 1762 Hungersnot. 1636 wurde Oberbösa durch schwedisches Kriegsvolk unter dem berüchtigten Feldmarschall Baner verwüstet. 1639 plünderten die friedländischen Kriegsvölker den Ort und in den Jahren 1706 bis 1708 trieb der schwedenkönig Karl XII, nachdem er August II enttrohnt hatte, schwere Contributionen in Oberbösa ein. 1745 und 1746 brandschatzten im schlesischen Kriege die Preußen und im siebenjährigen Kriege erhoben sie hohe Geldsummen von den Oberbösaern. Auch die Pest hat verschiedene male in Oberbösa gewütet. Vom Jahre 1577 bis 1579 starben 234 Personen, von 1597 bis 1598 116 und im Jahre 1611 erlitten 188 Personen den Tod durch dies Krankheit. Der Einwohner Hans Lange verlor binnen 3 Wochen und 3 Tagen sein Weib und seine 8 Kinder und erhängte sich aus Verzweiflung hierüber. Von der in hiesiger Gegend im Jahre 1832 heftig auftretenden Cholera blieb Oberbösa verschont. Auch von der furchtbare Rindviehseuche, welche in den Jahre 1763-1765 in deutschland, Holland und weiter herrschte, und die auch in Kindelbrück und Weißensee große Verwüstungen abrichtete blieb Oberbösa verschont. Nach der statistischen Tabelle von 1860 sind in Oberbösa mit Bonnrode vorhanden: 487 Einwohner, 222 männlichen und 265 weiblichen Geschlechts. Nach Alter zerfällt die Bevölkerung in 336 Personen über und 151 Personen unter 16 Jahren. An Gebäuden sind vorhanden: 1 für den Gottesdienst, 1 für den Unterricht, 6 für die Ortspolizei- und Gemeindeverwaltung, 104 Privathäuser, 3 Fabrikgebäude(Mühlen usw.), 166 Ställe Scheunen und Schuppen. Nach der Kirchen- und Schultabelle befindet sich in Oberbösa 1 ordinierter Prediger der evangelischen Konfession, 1 Lehrer, 70 Schulkinder und zwar 32 Knaben und 38 Mädchen, alle evangelisch. In der Tabelle der Sanitätsanstalten ist bei Oberbösa nur eine Hebamme nachgewiesen. Nach der Tabelle der Handels- und Transportgewerbe sind in Oberbösa vorhanden: 2 Kaufleute (Krämer), welche offene Verkaufsstellen hatten, und 1 Schankwirtschaft. Die Tabelle der Fabriken und der vorherrschend für den Großhandel beschäftigten Gewerbeanstalten usw. weist nach: 7 Webstühle zu Leinwand als Nebenbeschäftigung, 1 Bierbrauerei mit einer Person als Direktionspersonal. Nach der Tabelle der Handwerker und der vorherrschend für den örtlichen Bedarf beschäftigten Gewerbetreibenden und Künstler befinden sich in Oberbösa: 1 Bäckermeister, 10 Maurergesellen, 3 Zimmergesellen, 1 Stellmacher mit einem Lehrling, 1 Grob- und Hufschmied mit 1 Gehilfen und 1 Lehrling, 1 Schneidermeister, 1 Tischlermeister, 1 Drechslermeister mit 1 Gehilfen. Die Feldmark von Oberbösa incl. Bonnrode enthält: 4462 Morgen Land, darunter 48 Morgen gärten, Weinberge und Obstplantagen, 2251 Morgen Ackerland, 34 Morgen Weide, 2129 Morgen Staats- und Privatwaldungen. Der Viehbestand beläuft sich auf: 67 Pferde, 271 Stück Rindvieh, 1205 Schafe, 155 Schweine über 6 Monate und 63 Ferkel unter 6 Monate, 4 Ziegenböcke und 99 Ziegen.

Richard Lang