Waidanbau in Oberbösa
(entnommen dem Begleitheft zur 1200jahrjeier in Oberbösa)

Vor Einführung des Indigo betrieb man auch in Oberbösa wie vielerorts in Thüringen den Waidanbau. Der Boden der Hainleitegegend eignete sich vortrefflich für das Gedeihen dieser Farbpflanze, und der Anbau trug über Jahrhunderte hinweg zum Wohlstand der bauern des Ortes bei. Der Waid hat einen ästigen Stamm. Die Blätter sind bläulichgrün, die unteren gestielt, länglich und gezähnt, die oberen ungestielt, mit pfeilförmigen Grunde den Stengel umfassend und lanzettlich. Der Waid, eine zweijährige krautige Pflanze, blüht etwa Mai bis Juni und kann eine Höhe von einem Meter erreichen. Für die Farbstoffgewinnung kamen lediglich die Blätter in Frage. Nach der Ernte ließ man sie anwelken. Danach brachte man sie zur Waidmühle. Ein großer runder zahnradähnlich eingekerbter Stein an einem Holzgestänge wurde von Pferden über eine kreisförmige feste Fläche gezogen. Durch die Rotation des Steins wurden die Blätter zerquetscht und danach auf Haufen geworfen. Sobald sie sich erhitzt hatten ballte man faustgroße Kugeln daraus, die auf Gestellen getrocknet wurden. Die kugeln brachten die Bauern auf den Waidmarkt, wo man sie den "Waidjunkern", wie der Volksmund die reichen Kaufleute dieser Branche nannte, schockweise zum Kauf anbot. Die Oberbösaer brachten sie entweder nach Greußen oder nach Erfurt. Die Verarbeitung des Waids zum eigentlichen Farbstoff erfolgt im Herbst und Winter durch mehrfaches Wässern, Gären, Trocknen und Zerkleinern. In Oberbösa befand sich am Stieg, der von der Waidmühlstraße zu den Kohlländern führt, die kleine Waidmühle. In den Kohlländern gab es eine weitere Anlage, die sogenannte große Waidmühle. Der Waid lieferte ein ausgezeichnetes Mittel zum Blau- und Grünfärben. Als schließlich der Indigo aus Indien eingeführt wurde, ging der Waidanbau schlagartig zurück und kam auch in Oberbösa völlig zum Erliegen. Die Oberbösaer Waidsteine wurden zertrümmert und Sand daraus hergestellt, ohne zu bedenken, daß damit der Nachwelt ein bedeutsamer Zeitzeuge der Vergangenheit hinsichtlich eines mehrere Jahrhunderte währenden Produktionszweiges verloren ging.

Richard Lang

Die Arbeit an der Waidmühle
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